Kauenhoven, (Kauenhowen) Kurt Julius Max

geboren am 15. Dezember 1888 in Dortmund, getauft am 17. Januar 1889 in Dortmund (evangelisch lutherisch, St. Petri-Nicolai), gestorben am 15. November 1975 in Göttingen, Deutschland; Studienrat, Graphiksammler, Begründer, zusammen mit Dr. Werner Zimmermann (Gotha), der systematischen und wissenschaftlichen mennonitischen Sippen- bzw. Ahnenforschung.

Kurt Kauenhoven studierte Germanistik, Anglistik, Geographie, Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten Berlin und Königsberg. Dort wurde er 1915 zum Dr. phil. (summa cum laude) mit seiner Dissertation über Gottfried August Bürgers Macbeth-Bearbeitung promoviert, 1917 legte er das Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen ab. Während seiner Studienzeit freundete er sich mit dem Schriftsteller Ernst Wiechert an, der über Kurt Kauenhoven schrieb, dass dieser ihm „an Wissen und Gründlichkeit weit überlegen“ war, „mit einer reinen, zarten künstlerischen Seele … [von] ruhiger, sauberer Klarheit.“ Kurt Kauenhovens lebenslange Verbundenheit zur Jugendbewegung prägte weitgehend seine Naturliebe und Lebenshaltung. Ehrenamtlich tätig war er u. a. auch in der Vereinigung Göttinger Kunstfreunde und im deutschen Zweig von „Das Experiment, Vereinigung für praktisches Zusammenleben der Völker“ (1960 als Ehrenmitglied aufgenommen).

Wegen einer Tuberkuloseerkrankung lebte Kauenhoven nach seinem Studium mehrere Jahre in der Schweiz, wo er u. a. als Hauslehrer tätig war (1911–1917, 1923–1924). Er lehrte von 1919 bis 1923 als Studienassessor an der Goetheschule in Hildesheim, von 1926 bis 1945 war er Studienrat am Felix-Klein Gymnasium in Göttingen. Wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft (ab 1937) und seiner Tätigkeit für das Rassenpolitische Amt wurde er am 19. 6. 1945 aus dem Schuldienst entlassen und bis zum 20.6. 1946 in britischen Internierungslagern inhaftiert. Von 1949 bis 1954 wurde er wieder als Studienrat am Felix-Klein-Gymnasium in Göttingen eingesetzt. Ein Schüler Kauenhovens, der Dichter und Künstler Robert Gernhardt, setzte in seinen Göttinger Erinnerungen der Person und den pädagogischen Fähigkeiten seines Lehrers ein literarisches Denkmal.

Bereits als Schüler hatte Kauenhoven eine Stammfolge seiner Danziger Vorfahren aufgestellt und im Zusammenhang mit seinen weiterführenden Forschungen das Mennonitentum seiner Voreltern, die im frühen 17. Jahrhundert aus den Niederlanden gekommen waren und in Danzig und dessen Vorstädten siedelten, für sich entdeckt. 1935–1945 wurde er Mitbegründer und Geschäftsführer des „Sippenverbandes Danziger Mennoniten-Familien“ und Herausgeber der Mitteilungen dieses Verbandes. Seine Faszination für Ahnenforschung ließ ihn an verwandten Projekten der Nationalsozialisten mitarbeiten, und so wurde er Hauptstellenleiter im Rassenpolitischen Amt in Göttingen (Verkartung der Dorfkirchenbücher). Der größte Teil des Familienarchivs Kauenhowen wurde im Oktober 1945 von der britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und vernichtet. 1947 wurde die Arbeitsgemeinschaft für Mennonitische Sippenkunde im Mennonitischen Geschichtsverein unter dem Vorsitz von Kurt Kauenhoven neu gegründet und eine familiengeschichtliche Abteilung innerhalb der Mennonitischen Forschungsstelle in Göttingen geplant. Ab 1949 war Kauenhoven Beiratsmitglied des Mennonitischen Geschichtsvereins. Im selben Jahr nahm er, indem er einen Wunsch seines verstorbenen Bruders Walter erfüllte, für sich, seine Geschwister und seine Kinder die geschichtlich begründete ältere Schreibung seines Familiennamens mit „v“ an.

Kurt Kauenhoven veröffentlichte allein auf dem Gebiet der Mennonitenforschung 59 Artikel in den Jahren 1924–1968. Zudem publizierte er zu Themen der Pädagogik, Anglistik (u. a. Auf gut Englisch. Ein Taschenwörterbuch der englischen und deutschen Umgangssprache, 1946), Germanistik und der Bildenden Kunst. Von 1948 bis zu seinem Lebensende war er aktives Mitglied der erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Göttinger Mennonitengemeinde. Er und seine zweite Frau Edith Kauenhoven, geb. Gericke, wussten sich mit den Werten und der Theologie der mennonitischen weltweiten Glaubensgemeinschaft eng verbunden. Ihre vier Töchter empfingen die Glaubenstaufe von Gerhard →Hildebrandt, dem Ältesten der Göttinger Mennonitengemeinde.

Kurt Kauenhovens Lebenswerk in Bezug auf die Mennonitenforschung besteht in der wissenschaftlichen Begründung der Familien- und Sippenforschung. Hervorzuheben sind hier seine Mitwirkung im Deutschen Geschlechterbuch und darin seine Stammfolgen Kauenhowen 1 und 2 (1963), sowie seine Beiträge über mennonitische Künstler in Danzig und Königsberg (1949, 1954) und die Königsberger Mennonitenkirche (1964). Sein schriftlicher Nachlass, sein literarisches Erbe auf dem Gebiet der Mennonitenforschung, steht in den Archiven der Mennonitischen Forschungsstelle Weierhof und im Mennnonite Library and Archives, Bethel College, North Newton, Kansas, der Weiterforschung zur Verfügung.

Bibliografie

Kurt Kauenhovens Beiträge in Auswahl: Das westpreußische Mennonitentum und die auslandsdeutsche Sippenkunde. Wege und Aufgaben, in: Jahrbuch für auslandsdeutsche Sippenkunde, Stuttgart 1936, 133–134. - Sippenforschung in Holland. Eine erste Einführung, in: Mitteilungen der Niederländischen Ahnengemeinschaft, Bd. 1, Heft 2, Hamburg 1938, 33–42. - Das Schrifttum zur Sippenkunde und Geschichte der Taufgesinnten niederländischen Einwanderer (Mennoniten) in Altpreußen und ihrer Abzweigungen, in: Mitteilungen der Niederländischen Ahnengemeinschaft, Bd. 1, Heft 3, Hamburg 1939, 66–109. - Mennonite Painters of Danzig and Königsberg, in: Mennonite Life, North Newton, Kansas, Bd. IV, Nr. 3, Juli 1949, 17–23, 45. - Der Bildhauer Heinrich Mekelburger. Dr. Ernst Crous zum 70. Geburtstag gewidmet, in: Mennonitische Geschichtsblätter, 1954, 47–51. - Mennonitengeschlechter aus Westpreußen und ihre Wanderwege. 11. Die Sippe Entz, III. Das Danziger Mennonitengeschlecht Kauenhowen, in: Ostdeutsche Familienkunde, 4. Jg., H. 3, Juli/Sept. 1956, 228–231. - Die Königsberger Mennoniten in ihren bürgerlich-wirtschaftlichen Verhältnissen, 1732–1809, in: Mennonitische Geschichtsblätter, 1956, 20–30. - Stammfolgen Kauenhowen 1 und 2, in: Deutsches Geschlechterbuch, Bd. 132 (2. Westpreußischer Bd.), Limburg/Lahn, 1963, 193–380, mit 56 Taf. Abb. und Karten. - Die Königsberger Mennonitenkirche, in: Mennonitische Geschichtsblätter, 1964, 66–69.

Literatur

Ernst Wiechert, Jahre und Zeiten, Zürich 1949. - Leonhard Froese, Kurt Kauenhovens Beitrag zur Mennonitenforschung, in: Mennonitische Geschichtsblätter 1955, 42–43. - Horst Penner, Kurt Kauenhoven 80 Jahre, in: Mennonitische Geschichtsblätter 1969, 55 f. - Victor Peters, Kurt Kauenhoven Bibliography. Selected in Honor of his 80th Birthday, in: Mennonite Life, April 1969, 87–89. - Hinrich Jantzen, Namen und Werke. Biographien und Beiträge zur Soziologie der Jugendbewegung, Band 3, 169–172, Frankfurt/M. o. J. - Horst Quiring, Kurt Kauenhoven in memoriam, in: Mennonitische Geschichtsblätter, 1976, 90–92. - Horst Quiring, Kurt Kauenhoven, in: Gemeinde Unterwegs, 3, Nr. 1, 1976, 8–9. - Horst Quiring, Kurt Kauenhoven, Mennonitische Blätter 1, 1976, 9–10. - Robert Gernhardt und Thomas Schäfer, Gernhardts Göttingen, 1997, 21 (2. Aufl. 2001).

Reinhild Kauenhoven Janzen

 
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