Ummel, Charly

geb. am 14. Februar 1938 in La Chaux-de-Fonds, Schweiz, gest. am 8. Juli 1997 in Genf, Schweiz; Ältester der Mennonitengemeinde Les Bulles bei La Chaux-de-Fonds und Präsident der Konferenz der Mennoniten der Schweiz.

Charly Ummel ist als ältestes der zwei Kinder von Jeanne und Charles Ummel-Geiser in den schwierigen Nachkriegsjahren aufgewachsen. Nach Schulabschluss besuchte er die Handelsschule, die er mit einer Berufsmaturität abschloss. Beruflich arbeitete Ummel zuerst bei einer Bank, dann als Buchhalter in einer Kleiderfabrik und schließlich im Verband der schweizerischen Uhrenindustrie.

Am 25. März 1961 heiratete er Claire-Lise Vuilleumier. Der Ehe entstammen zwei Kinder. Ummels Eltern waren aktive Mitglieder der Mennonitengemeinde Les Bulles bei La Chaux-de-Fonds und erzogen ihre Kinder im christlichen Glauben. Ummel blieb der Gemeinde, in der er aufgewachsen war, sein Leben lang treu. Als noch sehr junger Mann wurde er 1960 vom damaligen Ältesten Louis Geiser in den Predigtdienst berufen. Dieses Amt trat er, wie es damals in den Schweizer Gemeinden üblich war, zuerst als Probeprediger an. Um der Gemeinde besser dienen zu können, zog er mit seiner Familie von Biel nach Le Locle in den Neuenburger Jura. Ummel fand in dieser Stadt eine Stelle bei einer Treuhandgesellschaft, wo er als vielseitiger und vertrauensvoller Mitarbeiter sehr geschätzt war. Dank seiner Ausgewogenheit und seines umgänglichen Charakters beauftragte ihn sein Arbeitgeber gerne mit den heikelsten und schwierigsten Geschäftsangelegenheiten.

1962, nach dem Tod von Louis Geiser, wurde Ummel als Prediger und sieben Jahre später als Ältester eingesegnet. Er gehörte zu den Gründern der ersten Jugendgruppe und war von Anfang an bemüht, der Gemeinde eine offene Haltung einzuprägen. Unter Ummels Leitung entwickelte sich die Gemeinde Les Bulles nach und nach zur ersten vollständig frankophonen Mennoniten-Gemeinde der Schweiz. Offenheit pflegte er ferner auch als Präsident der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (1979–1991). Hier wurde er als versöhnender Vorsitzender wahrgenommen, der die besondere Gabe besaß, Personen mit unterschiedlichem Hintergrund und oft gegensätzlichen Meinungen für gemeinsame Projekte zu gewinnen.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit und seinem kirchlichen Engagement begeisterte sich Ummel auch für die Täufergeschichte. Zusammen mit seiner Frau Claire-Lise publizierte er 1969 im Selbstverlag die Geschichte der Mennoniten-Gemeinden im Kanton Neuenburg. Anfang 1993 begann er, diese Darstellung, noch einmal von Grund auf zu überarbeiten. Wegen seines überraschenden Todes ein Jahr später wurde diese Revision von seiner Frau Claire-Lise Ummel zu Ende geführt. 1972 gründete er mit zwei anderen Personen den →Schweizerischen Verein für Täufergeschichte. Er trug auch wesentlich dazu bei, dass die →Konferenz der Mennoniten der Schweiz in der Kapelle Jeangui bei Tramelan im Berner Jura ein Archiv einrichtete. Dort werden Bibeln, Dokumente und Gegenstände aus der 450-jährigen Glaubensgeschichte der Schweizer Täufer aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ummel verstand sich als „Täuferbotschafter“ bei Kirchen anderer Konfessionen. Die Einheit sowie die gegenseitige Bereicherung der Christen unterschiedlicher Traditionen lagen ihm besonders am Herzen. Auf kommunaler wie auch kantonaler Ebene engagierte er sich sowohl in den evangelikalen (Evangelische Allianz) wie auch in den ökumenischen Arbeitsgruppen. 1988 wurden die Mennoniten, über die Gemeinde Les Bulles, Mitglied des gerade gegründeten kantonalen Zweiges der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AGCK), der Communauté de travail des Eglises chrétiennes (COTEC). Ummel wurde ihr erster Präsident.

Beruflich hat sich Ummel stets mit einer verhältnismäßig bescheidenen Stellung begnügt. Dies erlaubte ihm, sich fast unermüdlich als autodidaktischer Laienpfarrer, Brückenbauer und Kirchenhistoriker in der mennonitischen Bruderschaft und in zwischenkirchlichen Aktivitäten voll einzusetzen. Gerne berief er sich auf 1. Kor 3,11: “… einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“. Jesus Christus war ihm dabei in typisch täuferischer Tradition ein Vorbild in Wort und Tat, was ihm einen leichten Zugang zu hochstehenden wie zu einfachen Personen gleichermaßen verschaffte.

Veröffentlichungen

Gemeinsam mit Claire-Lise Ummel, L'Eglise mennonite ou anabaptiste en pays neuchâtelois, Le Locle, 1969. - Les anabaptistes dans le Jura, leurs pratiques religieuses, sociales et économiques, in : Mennonitica Helvetica 13, 1990, 31–44. - Gemeinsam mit Claire-Lise Ummel, Les champs de repos mennonites de la région du Doubs, in : Mennonitica Helvetica 14, 1991, 7–26. - Gemeinsam mit Claire-Lise Ummel, Les communautés anabaptistes de la région franco-suisse du Doubs et la question amish, in : Les Amish: origine et particularismens 1693–1993, Actes du colloque international de Sainte-Marie-aux-Mines, 19–21 août 1993, herausgegeben von der Association Française d'Histoire Anabaptiste-Mennonite, 1996, 117–142. - Gemeinsam mit Claire-Lise Ummel, L'Eglise anabaptiste en pays neuchâtelois, Edition d'En-Haut und Société Suisse d'Histoire Mennonite (Mennonitica Helvetica 17), La Chaux-de-Fonds 1994.

Literatur

Thomas Gyger, In Memoriam Charly Ummel 1938–1993, in : Mennonitica Helvetica 15/16, 1992/93, 246–248.

Thomas Gyger

 
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