Inhaltsverzeichnis

Friesen, Martin W.

geb. am 1. Oktober 1912 in Osterwick, Manitoba, Kanada, gest. am 17. Oktober 2000 in Loma Plata (Kolonie Menno), Paraguay; Lehrer, Schulleiter, Amtsschreiber und Historiker.

Martin W. Friesen verlebte seine Kindheit im Dorf Osterwick im südlichen Manitoba östlich vom Red River, in dem Gebiet, wo heute der Ort New Bothwell liegt. Er besuchte im Winter 1919/20 die deutsche Gemeindeschule der Chortitzer Mennonitengemeinde, später die englische Regierungsschule. 1927 wanderte er mit seinen Eltern Martin C. →Friesen und dessen Frau Elisabeth nach Paraguay aus, um im Chaco eine neue Heimat zu finden.

Er siedelte und wohnte mit seinen Eltern im Dorf Osterwick in der Kolonie Menno. Hier wurde Friesen am 21. Mai 1934 von seinem Vater getauft und in die Mennonitengemeinde der Kolonie aufgenommen. Am 26. Juli 1938 heiratete er Elisabeth Thiessen, die mit ihren Eltern Jacob W. und Lena Thiessen im Nachbardorf Kleinstädt wohnte. Sie hatten neun Kinder, sechs Mädchen und drei Jungen.

Friesen wurde 1935 im Alter von 22 Jahren Lehrer in Osterwick. Im Januar 1937 wurde er mit 24 Jahren zum Kolonieschreiber ernannt. Amtsschreiber blieb er bis Ende 1946.

In den Jahren 1947/48 war Friesen Lehrer in Hoffnungsau, im Südosten der Kolonie, wo eine Gruppe von Mennoleuten ein neues Dorf auf gemeinsamer wirtschaftlicher Basis aufbauen wollte. Von Hoffnungsau beriefen ihn die Bürger Ebenfelds an ihre Schule (1949 bis 1951), bevor er dort einen Jünglingskursus einzurichten begann. Nach einigen Jahren hat Friesen sich von seiner Arbeit als Volksschullehrer zurückgezogen, um sich ganz dem Kursus für die „höhere Bildung“ zu widmen, woraus dann nach einigen Jahren die Vereins- und Zentralschule (Colegio Loma Plata) entstand. An dieser Schule war er bis 1970 als Lehrer tätig, viele Jahre davon als Leiter. Als er sich von der Schule verabschiedete, war sie schon fester Bestandteil der Kolonie Menno geworden und wurde von der Gesellschaft weitgehend akzeptiert, ein Verdienst, das vor allem ihm zuzuschreiben ist.

Neben seinem aktiven Mitwirken an der Erneuerung und Erweiterung des Schulwesens der Kolonie Menno hatte Friesen noch manche andere Aufgaben übernommen. Er war jahrelang Vertreter der Kolonie und Gemeinde in fast allen überkolonialen Institutionen. Er arbeitete im Komitee für Indianer, im Komitee für Km 81, war Schreiber für das Gemeindekomitee und arbeitete auch für das →Mennonite Central Committee (MCC). Pionierarbeit hat Friesen parallel zur Arbeit an den Schulen auch mit Jugendstunden und mehrstimmigem Jugendgesang geleistet und zu einem Durchbruch auf diesem Gebiet beigetragen.

Vom 29. Oktober 1946 bis Ende der 1990er Jahre diente Friesen als Diakon in der Mennonitengemeinde von Menno. Er führte auch das Standesamt, Registro Civil, von 1938 bis 1996. Ende der 1940er Jahre wurde das Projekt, eine Druckerei für die Arbeit in Menno anzuschaffen, eingeleitet. Wie bei anderen Neuerungen musste auch hier harte Pionierarbeit geleistet werden. Mit Unterstützung des Ältesten Martin C. Friesen konnte eine Druckmaschine, Baujahr 1880, aus Nordamerika importiert werden. Sie wurde im Sommer 1951/52 auf dem Hof der Familie Martin W. Friesen in Ebenfeld aufgestellt und in Betrieb genommen.

Seit 1966 arbeitete M. W. Friesen im Auftrage der Kolonieverwaltung als Geschichtsschreiber der Kolonie Menno und veröffentlichte einige historische Darstellungen. Weiter hat er längere und kürzere Theaterstücke verfasst, die sich mit Themen aus der Geschichte der Kolonie Menno befassen. Dazu gehören u. a.: „Aules wea soo aundasch, dann kaume noch dee Russlända“, „Dee goode oole Tiet“, „Dee Ütwaundra“, „Een tjleenet Museum vom mennonitischen Plautdietsch“. Auch die Herausgabe des Monatsblattes Im Dienste der Gemeinschaft, das 1968 zum ersten Mal erschien, gehörte bis 1988 zu seinen Aufgaben.

Erst im hohen Alter, als die Parkinsonkrankheit ihm die Schreibfähigkeit nahm und auch sein Augenlicht matt wurde, zog er sich mehr und mehr von seinen intellektuellen Aufgaben zurück. Friesen dachte nicht daran, was sein Wirken ihm einbringen, sondern was es seinen Kindern, seinen Schülern, den jungen Menschen einbringen würde, wenn er sich für sie einsetze. Es gehe vor allem um die geistigen Werte, die vermittelt würden, meinte er, um die Fähigkeiten der jungen Menschen zu entwickeln und auf diese Weise einen vielseitigen Beitrag zur Förderung des technischen und geistig-kulturellen Lebens der Gemeinschaft zu leisten. Dass hiermit Kosten verbunden waren, die in Kauf genommen werden müssten, war ihm bewusst.

Friesen blieb bescheiden und lobte nie sein eigenes Wirken in Menno. Vielmehr schätzte er sich als einen Mann ein, der viel geistige Arbeit im Dienst für die Gemeinschaft zu bewältigen habe. Er starb am 17. Oktober 2000 im Hospital von Loma Plata (Kolonie Menno) im Alter von 88 Jahren. Die längste Zeit seines Wirkens hat er der Schule und der Geschichte der Kolonie Menno gewidmet, so dass die Familie ihn oft entbehren musste.

Werke

Kanadische Mennoniten bezwingen eine Wildnis, Asuncion 1977. - Neue Heimat in der Chacowildnis, Altona, Manitoba, Kanada 1987. - Die mennonitische Kolonisaton im paraguayischen Chaco – unter Gesetz No 514, Ebenfeld 1984. - Geschichtskomitee von Menno zum 80. Jubiläum der Kolonie Menno (Hg.): Glaube und Schule unserer Väter (Mitautor), Loma Plata 2007. - Ein paar Streiflichter auf unser Ehe- und Familienleben, Briefe von Martin W. Friesen, Archivos Friesen. - Ein kurzer Blick in den Rückspiegel meines Lebens, Archivos Friesen;

Nachruf

In: Mennoblatt 43, 1972, 12, 4.

Uwe S. Friesen

 
www.mennlex.de - MennLex V :: art/friesen_martin_w.txt · Zuletzt geändert: 2020/05/13 16:22 von bw     Nach oben
© 2010 - 2020 Mennonitischer Geschichtsverein e.V. | Impressum | Kontakt: webmaster@mennlex.de | Umsetzung: Benji Wiebe, mennox.de |
Artikel drucken
| ODT Export | PDF Export