Gerber, Samuel (Les Reussilles)

geb. am 20. Januar 1916 in Sous-le-Cerneux bei Lajoux, im Schweizer Jura, gest. am 11. Juni 1999 in Les Reusilles, Schweiz; Landwirt und Ältester der Gemeinde Sonnenberg, Schweiz.

Samuel Gerber war der Jüngste von acht Geschwistern und verlor einen Tag nach seinem ersten Geburtstag seine Mutter. Der Schmerz dieses Verlusts begleitete ihn sein Leben lang. Er besuchte sechs Jahre die öffentliche Schule im katholischen Nachbardorf Lajoux, wo er französisch lernte, und zwei Jahre die Täuferschule La Pâturatte. Als er fünfzehn Jahre alt war, musste wegen der großen Krise der Familienhof Sous-le-Cerneux aufgelöst werden, und Samuel fand auf dem Hof La Pâturatte, bei der Familie Samuel und Marianne Gerber-Geiser ein neues Zuhause, wo er den Hausvater, der Ältester der Gemeinde Sonnenberg war, in der Landwirtschaft entlastete. Mit dem Lohn seiner Arbeit finanzierte er sich die Landwirtschaftsschule. Auf den Rat seines Gemeindeältesten hin studierte Samuel Gerber in den Jahren 1936 – 1940 auf dem Predigerseminar St. Chrischona bei Basel. Im letzten Studienjahr musste er oft in den Militärdienst einrücken, und wurde bis zum Hauptmann befördert. 1940, als Samuel sich mit dem Gedanken trug, nach Angola in die Mission zu gehen, erreichte ihn der Ruf zum Dienst in seiner Heimatgemeinde →Sonnenberg. Im Juni 1942 heiratete er Helene Gerber-Geiser, die älteste Tochter seiner Hauseltern.

Im Herbst desselben Jahres setzte die Alttäufergemeinde Sonnenberg Samuel Gerber zum Ältesten ein. Der kleine Hof Les Petites Fraises war ab 1944 der Lebensunterhalt der Familie; aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Samuel Gerber sah seinen Dienst am Reich Gottes als seine Berufung und Lebensaufgabe an, welcher sich alles andere im Leben unterordnete, wie er in einem autobiographischen Bericht schrieb. Bis drei Mal am Sonntag versah er den Predigtdienst an verschiedenen Gottesdienstorten, welche er zunächst mit dem Fahrrad, später mit dem Motorrad erreichte. Von 1950 bis 1952 war er Leiter der 1948 von ihm mit gegründeten Mennonitischen Bibelschule in Basel. Die Jugend, die Mission und die weltweite Gemeinschaft lagen ihm sehr am Herzen. Er war Präsident der Schulkommission La Pâturatte, später auch der Sekundarschule Tramelan, arbeitete mit in der Jugendkommission und rief gemeinsam mit Hans →Rüfenacht und Theo →Loosli, Älteste in Langnau und auf Moron, diverse Jugend- und Missionsveranstaltungen ins Leben. Nach dem Krieg war er Mitgründer des Schweizerischen Mennonitischen Missionskomitees (SMEK) und 1951 des Europäischen Mennonitischen Missionskomitees (EMEK), welchem er mehrere Jahre als Vorsitzender diente. Einige Reisen führten ihn nach Nordamerika, in «die neue Welt», und in den Tschad. Er arbeitete mit an der Vorbereitung zweier →Mennonitischer Weltkonferenzen, und auf der Konferenz in St. Chrischona bei Basel hielt er 1952 eine der Hauptansprachen. Die Bevölkerung von Tramelan und Umgebung nannte den Mennonitenprediger respekt- und liebevoll «le pasteur». Sein authentischer Glaube, der Zuversicht und Barmherzigkeit ausstrahlte, die kräftige Stimme, sowie sein starkes und zugleich mildes Auftreten, hinterließen bei Gemeindegliedern wie bei Außenstehenden einen nachhaltigen Eindruck. Anlässlich der Feier zum 45. Dienstjahr in der Gemeinde Sonnenberg sagte Samuel Gerber: „Eine Freude für mich war es, die 45 Jahre des Dienstes im Reiche Gottes tun zu dürfen wie Abraham, der Erzvater: «Abraham war ein Viehhirte und predigte von dem Namen des Herrn». Dies Los ist mir geworden, und ich habe es mit Freuden getan.“ Auf seinem Grab steht ein Jurafels, breit wie die Schultern des „großen Sämi“.

Literatur

Samuel Gerber, Rückblick. Autobiographischer Bericht (22. Mai 1986, unveröffentlicht).

Peter Kipfer, Nachruf Samuel Gerber, in: Perspektive 13, 1999. - Annie Scheidegger, En souvenir de Samuel Gerber, in: Perspektive 13, l999. - Monsieur le pasteur. 3 Min. Video, Television Suisse Romande TSR, 13. 10. 1977 (http://archives.tsr.ch/player/religion-mennonite4. 10. 2009).

Hansuli John Gerber

 
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