Den Haag (’s-Gravenhage)

1. Die Entstehung der Gemeinde

Die Gemeinde der Täufer in Den Haag ist aus einer Sammlung von Täufern entstanden, die in der Umgebung von ’s-Gravenhage, vor allem vom Täuferältesten Leonhard Bouwens um 1550 getauft wurden. Einige Täufer werden sich vorher schon in dieser Gegend aufgehalten haben. Allerdings war diese Gemeinde, die sich in einer waterländische und eine flämische Richtung teilte und 1679 vereinigte, nicht stark genug, um das nächste Jahrhundert zu überleben. Sie wurde 1752 aufgelöst und lebte erst 1879 wieder auf. Zwischenzeitlich hatte sich die Gemeinde der Taufgesinnten in Leiden der Haager Belange angenommen und gab 1883 das Kapital, die Häuser und das Inventar der Archive an die wiederentstandene Gemeinde in Den Haag zurück.

1881 konstituierte sich die Gemeinde und berief 1882 Ds. Sytze de Waard zum Prediger, der 1883 die Antrittspredigt hielt. Gleichzeitig wurde mit dem Bau der ersten „Ermahnung“ (Kirchengebäude der Mennoniten) an der Paleisstraat begonnen. Vorher durfte die Gemeinde das Haus der →Remonstranten an der Laan nutzen, der Gottesdienst und der Glaubensunterricht wurden seit 1879 zunächst vom Prediger Dr. Christian Sepp von Leiden aus betreut.

Am 5. Oktober 1886 wurde das Gebäude, das von dem Gemeindemitglied S. Stoffels erbaut wurde, in einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht und eröffnet. Die erste Taufe im eigenen Gebäude fand am 3. April 1887 statt. 1881 betrug die Zahl der Mitglieder 150 Personen und wuchs 1888 auf 381 Personen an. Heute zählt die Gemeinde nur noch knapp unter 200 Mitglieder.

Den Haag erlebte gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein enormes Wachstum, durch Zunahme der Beamtenzahl, der Armee und der Industrie. Die höchste Zahl an Mitgliedern erreichte die Gemeinde 1933. Damals waren es mehr als 3000. Durch diese Zunahme war es möglich, bereits 1909 einen zweiten Prediger zu berufen, Pastor G. Wuite, der 1910 seinen Dienst antrat. In den zwanziger Jahren wurde Marie Eelman als Hilfspredigerin für drei Jahre zusätzlich angestellt. Die Gemeinde war zunächst als Verein gegründet worden, 1934 wurde sie als religiöse Kirchengemeinschaft anerkannt.

2. Die Zeit der Besatzung im Zweiten Weltkrieg

Ds. G. Wuite nahm 1931 seinen Abschied von der Gemeinde, ihm folgten die Prediger P. Vis und H. W. Meihuizen. Der dritte Prediger war Pastor A. Keuter, der 1928 seinen Dienst angetreten hatte. Er wurde Anfang 1944 aufgrund seiner Widerstandsarbeit während des Krieges von deutschen Besatzungssoldaten festgenommen, und erst später wurde bekannt, dass er am 10. März 1945 in Bergen-Belsen ums Leben gekommen war. In der Kirche erinnert ein Denkmal an ihn. Der Krieg brachte viel Leid mit sich: 1942 – 1943 die Evakuierung wegen der Anlage des Atlantischen Walles, den Hungerwinter 1944 und den sog. „irrtümlichen Bombenangriff“ am 3. März 1945, wobei ein großer Teil des innerstädtischen Viertels Bezuidenhout in Flammen aufging. Auch die finanziellen und persönlichen Unterlagen der Gemeinde gingen dabei verloren. Es wurde danach von einer Mitgliederzahl von 3160 ausgegangen. Pastor J. E. Tuininga wurde im Jahre 1946 berufen. 13 Jahre später wurde Pastor G. J. W. den Herder als vierter Prediger eingestellt.

3. Zwischenkirchliche Beziehungen und Renovierung

Seit 1952 wurden Gottesdienste mit anderen Kirchen zusammen organisiert. Mit den Lutheranern und den Remonstranten gab es sogar Kanzeltausch. Mit den Remonstranten entwickelte sich seit den sechziger Jahren eine engere Zusammenarbeit, die 1990 wieder gelöst wurde. Das Gebäude musste dringend renoviert werden. Die Arbeiten begannen 1964 unter Leitung des Architekten Schamhart, einem Mitglied der Gemeinde. Das dauerte etwas länger als ein Jahr, von 1965 bis 1966. Im Inneren wurde alles geändert, doch es wurde viel Raum gewonnen, und durch den Wintergarten entstand nun ein großer Raum zum Kaffeetrinken und ebenso eine Küche. Mit der Bauarbeiten-Zeitung wurden die Mitglieder auf dem Laufenden gehalten. Ende des 20. Jahrhunderts entsprach das Gebäude den Wünschen der Gemeinde nicht mehr. Als Architekt wurde L. Vis beauftragt, eine Renovierung vorzunehmen. Die Neu-Eröffnung wurde am 15. September 2002 vom damaligen Bürgermeister von Den Haag, W. J. Deetman, vorgenommen (s. den Bildband mit zahlreichen Abbildungen).

4. Seniorenzentrum

Zur Haager Gemeinde gehört ein Seniorenzentrum, das nach dem Krieg im Ortsteil Duttendel gebaut wurde. Es trägt den Namen „Oldeslo“ und hat im September 2016 seinen 55. Geburtstag gefeiert. Neben einer Kapelle enthält dieses Heim auch Wohnungen für betreutes Wohnen. Der Entwurf stammt von Prof. N. Lansdorp. In den achtziger Jahren musste der Komplex umgebaut werden, um den Vorgaben der Behörden zu entsprechen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde dieses Zentrum mit der Stiftung „Aelbrecht van Beyeren“ unter der Bezeichnung „Stichting Zorggroep Oldael“ zusammengelegt. Das Startkapital für „Oldeslo“ wurde von der Mennonitengemeinde aufgebracht. Die Kapelle ist der zweite Predigtort für diese Gemeinde.

5. Ökumenische Aktivitäten der Gemeinde

Die taufgesinnte Gemeinde, der sich 2007 die Delfter Taufgesinnten anschlossen, hat sich für 2016 die ökumenische „Pilgerfahrt für Gerechtigkeit und Frieden“ zum Thema gewählt und dafür bereits erste Initiativen entwickelt: eine Friedenswoche mit einem Symposium zur Friedenstheologie, ebenso die Mitwirkung der Gemeinde im multikulturellen Zentrum (MOC) bei einer Veranstaltung mit Juden, Moslems, Hindus, Sikhs und anderen Religionsgemeinschaften. Die Gemeinde ist auch in der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen in Den Haag und in der Arbeitsgruppe Yom Hashoa vertreten. Diese Gruppe organisiert den jährlichen Gedenktag, der an die Vernichtung der Juden erinnert, das Friedensgebet von Coventry und ökumenische Begegnungen im Stadtteil Haagse Hout. Sie arbeitet auch im ökumenischen Treff mit, der täglich für ein seelsorgerliches Gespräch oder eine Meditation in einem Raum der Stille geöffnet ist. Schließlich beteiligt sich die Gemeinde an der Stiftung für nicht konfessionsgebundenen Religionsunterricht in Schulen (IKOS).

Literatur

G. ten Cate, Geschiedenis der Doopsgezinde Gemeente te ’s-Gravenhage, Leiden 1896. - C. J. W. Wentholt und A. Zwartendijk, Vier eeuwen Haagse Mennisten, Den Haag 1979. - Nanne van der Zijpp, Geschiedenis der Doopsgezinden in Nederland, Arnhem 1952.

Website: www.dgdenhaag.nl

Coos Wentholt

 
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