MEDA (Mennonite Economic Development Associates)

1. Gründung als Hilfe für Flüchtlinge in Paraguay nach dem Zweiten Weltkrieg

Auf Anregung von Orie →Miller, dem Generalsekretär des →Mennonite Central Committee (MCC), suchten mennonitische Geschäftsleute ab 1952 nach einem Ansatz, um den mennonitischen Siedlern im Chaco Paraguays in geeigneter Weise Hilfe zur Selbsthilfe zur Verfügung zu stellen. Sie sammelten Kapital ein, mit dem Wirtschaftsbetriebe gegründet und geführt werden sollten, und verfolgten das Ziel, die Lebensumstände der einfachen Siedler auf wirksame Weise zu verbessern. Acht mennonitische Geschäftsleute verpflichteten sich, 50.000 USD zusammenzulegen; und so wurde MEDA (Mennonite Development Association) am 10. Dezember 1953 im Atlantic Hotel in Chicago (USA) gegründet und 1954 im Bundesstaat Ohio registriert. Ihre Aufgabe war es, wirtschaftlich tragfähige Lösungen für die Weltkriegsflüchtlinge in →Paraguay zu schaffen und so die Nachfrage nach Kapital und Darlehen zum Aufbau wirtschaftlicher Unternehmen zu befriedigen.

2. Ausweitung der Hilfsprojekte

Da das paraguayische Experiment erfolgreich war, wurden auch Projekte in Tansania, Somalia, Zaire, Äthiopien, Kenia, Nigeria, Ghana, Sizilien, Indonesien, Vietnam, Indien, auf den Philippinen, in Kolumbien, Belize, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Mexiko und Bolivien durchgeführt. Viele solcher Projekte waren aus verschiedenen Gründen nur mäßig erfolgreich, u. a. konnten die Erfahrungen der europastämmigen Mennoniten Südamerikas nicht einfach in andere Kulturen übertragen werden.

In den 1970er Jahren wurde begonnen, Fachkräfte einzusetzen, um die Betriebe und Projekte zu betreuen. Der persönliche Einsatz der nordamerikanischen MEDA-Mitglieder vor Ort nahm ab, dennoch konnten die Projekte ausgeweitet und erste Stiftungsgelder eingesetzt werden (public money).

3. Anerkennung der Gemeinnützigkeit und weiteres Wachstum

MEDA war seit Beginn eine spezielle Art von Investmentfonds (for profit), und die Einstiegskosten betrugen 4000 USD. Nur ca. 150 Mitglieder wollten oder konnten das leisten. Mit dem Status der Gemeinnützigkeit (not for profit) ab dem 29. 11. 1973 kamen weitere Mitglieder hinzu.

1974 nahm MEDA seine ersten klassischen Mikroprogramme in Bolivien auf. 1978 startete die Zusammenarbeit mit der kanadischen Regierung (institutional money) in einem Projekt in Kolumbien (MENCOLDES). 1981 wurde beschlossen, die internationalen Programme regional auszurichten und auf diese Weise zu stärken. Das führte zu großen Programmen in Bolivien, Jamaika, Haiti und Tansania.

Am 15. November 1981 erfolgte der Zusammenschluss mit der mennonitischen Geschäftsleuteorganisation MIBA (Mennonite Industry and Business Associates). Die neue MEDA zählte nun 1224 Mitglieder und hatte neben dem internationalen Bereich der Entwicklungsprojekte auch den inländischen Auftrag (domestic division), die Welt der mennonitischen Wirtschaft und die des mennonitischen Gemeindelebens zusammenzuhalten. Dies geschah und geschieht immer noch durch die Pflege regionaler „Chapter"-Treffen, die Arbeit mit Colleges und Universitäten, durch Publikationen und Veranstaltungen wie dem MEDA-Forum.

4. Erste Schritte in Europa: MEDA Deutschland GmbH und Co

Das Interesse an MEDAs Ansatz in Europa und insbesondere in Deutschland führte 1977 dazu, dass eine eigene Gesellschaft mit 20 Gesellschaftern gegründet wurde, um Projekte in Paraguay unter der indigenen Bevölkerung zu starten. Insgesamt wurden damals 495.000 DM zusammengetragen und im Chaco Paraguays investiert. Man errichtete eine Bäckerei, eine Mietstation für landwirtschaftliche Großmaschinen und einen landtechnischen Ausbildungsbetrieb. Diese Betriebe entwickelten sich nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten und heute sind sie, leicht verändert, immer noch vorzufinden. 1986 musste die MEDA Deutschland GmbH und Co Betriebs KG auf Grund von einer fehlenden Absicht, Gewinne zu erzielen, aufgelöst werden. Die Betriebsteile wurden über die Internationale Mennonitische Organisation (IMO) an die „Vereinigung der Dienste für indianisch-mennonitische Zusammenarbeit“ (Kurzname: ASCIM) übertragen.

5. Staatliche Unterstützung internationaler Programme

In den 1980er Jahren wurde die Programmarbeit weiter professionalisiert und erweitert, vor allem in Entwicklungsländern, in denen mennonitische Missionen und das MCC aktiv waren. Genutzt wurde die erhebliche staatliche Unterstützung internationaler Programme, z. B. durch die kanadische Entwicklungsagentur (CIDA). Die Vervielfachung der privaten MEDA-Spenden durch institutionelle Zuschüsse spielt bei der Entscheidung über Projekte fortan eine wichtige Rolle. MEDA verfolgte nun das Ziel, nicht wie bisher Unternehmen und Betriebe zu entwickeln und zu betreiben, sondern Unternehmerfamilien vor Ort zu helfen, ihre Betriebe aufzubauen. Nur noch in Ausnahmefällen hat MEDA sich an Schlüsselunternehmen beteiligt. In den 90er Jahren wurde der Hauptsitz von Winnipeg (Manitoba) nach Waterloo (Ontario) verlegt. MEDA verstand sich nun als Entwicklungsorganisation, und das heutige Logo wurde etabliert.

6. Vision und Auftrag der Projektarbeit heute

In den 2000er Jahren setzte ein starkes Wachstum der Projektarbeit ein und dehnte sich auch auf Regionen aus, in denen weder mennonitische Missionen noch das MCC aktiv waren. Gleichzeitig wurde das vorhandene Vermögen als „Sarona Risk Capital Fund“ verwaltet und strategisch zur Projektstärkung eingesetzt. 2009 wurde MEDA-Europa in Neuwied (Deutschland) registriert. Heute ist MEDA in 62 Ländern engagiert, wird von ca. 3000 Unterstützern (darunter ca. 500 Mitglieder) getragen, hat ungefähr 300 Mitarbeiter weltweit und unterhält Büros in dreizehn Ländern. Die Mitgliedschaft ist an keine Bedingung gebunden. Als Ausdruck christlicher Werte liegt der Schwerpunkt nach wie vor auf der Entwicklung von Geschäftslösungen zur Überwindung der Armut in Entwicklungsländern. Durch die Projekt- und Investmenttätigkeit (betreutes Vermögen rd. 600 Mio. USD) sind weltweit 46 Millionen Familien Nutznießer. MEDA wurde z. B. 2016 im Bereich Effektivität zweifach mit A+ in die beste Kategorie der NGO (Nichtregierungsorganisationen) Kanadas eingestuft. Der Jahresgesamtumsatz schwankt je nach Projektmix von 20–40 Mio USD.

MEDA folgt der Vision: „Alle Menschen erleben Gottes Liebe und entfalten ihr volles Potenzial. Sie erwirtschaften sich ihren Lebensunterhalt, versorgen ihre Familien und bereichern ihre Gemeinschaften.“ Und in diesem Sinne versucht diese Organisation, ihren Auftrag zu erfüllen, den sie so formuliert hat: „Als Gemeinschaft von Christen, die sich in ihrem Beruf bewähren und die gerne ihr Können und ihre Mittel mit anderen teilen, schafft MEDA unternehmerische Lösungen zur Überwindung von Armut.“

Quellen

J. Winfield Fretz, The MEDA Experiment, Waterloo, ON,1978. - The Marketplace Magazine 2003 Nov/Dez. Special 50th Anniversary Issue „MEDA at 50 When Faith Got Down to Business“.

Im Internet

www.meda.org, http://www.meda-europa.org

Titus Horsch

 
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