Mennonitischer Arbeitskreis Polen (MAP)

1. Vorgeschichte und Wege zur Gründung

400 Jahre lebten →Mennoniten im Weichseldelta. Sie kamen im 16. Jahrhundert als Glaubensflüchtlinge, waren zunächst eine geduldete Minderheit, wurden später aufgrund ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen akzeptiert und geschätzt, im Laufe der Zeit hatten sie sich in ihr Umfeld integriert. Mit 13.000 Getauften in ca. 21 Gemeinden repräsentierten sie schließlich kaum 2 % der Gesamtbevölkerung der Region. Ihre Geschichte endete abrupt 1945 mit Flucht, Vertreibung und Deportation. Sie kamen als Flüchtlinge, überwiegend als landlose Bauern, nach Westdeutschland. 3000 Mennoniten emigrierten nach Kanada, 900 nach Uruguay. Zurück blieben Erinnerungen an ein verloren gegangenes verwandtschaftliches, nachbarschaftliches Beziehungsgeflecht mit Höfen, Kirchen, Friedhöfen. Lange war es aus politischen Gründen schwierig, das nunmehr zu Polen gehörende Weichseldelta zu besuchen.

Dennoch reisten schon vor der Wende 1989 aus dem Weichseldelta stammende Mennoniten und deren Nachfahren in ihre frühere Heimat. Es war insbesondere Peter J. →Foth, Pastor der Mennonitengemeinde Hamburg-Altona, der schon früh solche Gruppenreisen organisierte. Aussöhnung mit Polen und die Begegnung mit der ehemaligen Heimat waren die Motive dieser Reisenden.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang Helmut Reimer. Er begann bereits 1990 mit der Renovierung des ehemaligen Mennonitenfriedhofs Heubuden/Stogi, verstarb 1991 vor Ort und wurde in Heubuden beerdigt.

Maßgebend für die Gründung des Vereins war jedoch die Erfahrung, dass Glaubensgeschwister aus den Niederlanden und den Vereinigten Staaten von Amerika bereits seit den 1990er Jahren Kontakte mit polnischen Organisationen und Schulen pflegten und sich intensiv um die Renovierung von ehemaligen mennonitischen Friedhöfen im Werder bemühten.

Es dauerte schließlich noch weitere elf Jahre, bis sich auch die direkten Nachfahren der aus Westpreußen vertriebenen Mennoniten entschlossen, einen Verein zur Pflege des mennonitischen Erbes im Weichselgebiet zu gründen. Der eigentliche Motor dieses Projekts war Peter J. Foth. Er starb überraschend am 1. April 2004. So musste die Gründungsversammlung am Rande des Mennonitischen Gemeindetags in Emden am 22. Mai 2004 ohne ihn stattfinden. Es trafen sich 35 Interessierte, die ihre Wurzeln mehrheitlich im ehemaligen Westpreußen haben. Sie gründeten den „Freundeskreis zur Pflege des Mennonitischen Erbes in Polen“ als nicht eingetragenen Verein. Er wurde später in „Mennonitischer Arbeitskreis Polen“ (MAP) umbenannt. Dass der Arbeitskreis erst 2004 gegründet wurde, hat seine Gründe. Sicherlich spielten die traumatischen Erlebnisse der Flucht und Vertreibung bei den Betroffenen eine Rolle und ebenso der Umstand, dass Mennoniten aus den Niederlanden und Nordamerika über Jahrzehnte in der polnischen Öffentlichkeit einen erheblichen Sympathievorsprung genossen.

2. Mitglieder und Vorstand

Im Jahr seiner Gründung hatte der Verein 65 Mitglieder, 2015 sind es 86. Die Mitglieder treffen sich jährlich anlässlich der Versammlung des Freundeskreises I der Mennonitischen Jugend Norddeutschland. Die Gründungsversammlung wählte Frank Wiehler zum Vorsitzenden und Oskar Wedel, Marianne Schamp und Friedhelm Janzen zu Mitgliedern des Vorstands. In den Beirat wurden Dr. Marianne Cornelsen-Ullrich, Wolfgang Schamp, Rudolf Stobbe und Bernhard Thiessen gewählt.

3. Ziele

Zu den Zielen des Vereins gehört die Pflege der 400-jährigen Geschichte der Mennoniten entlang der Weichsel, die Förderung des historischen Bewusstseins und Bewahrung des Mennonitischen Erbes im heutigen Polen, die Zusammenarbeit mit Organisationen, Museen und Schulen in der Region. Dazu die Zusammenarbeit mit den mennonitischen Schwesterorganisationen in den Niederlanden und Nordamerika, dem Mennonitischen →Geschichtsverein und der →Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) und die Veranstaltung von Reisen nach Polen für Mitglieder und Freunde.

4. Workcamps und Projekte

Es gelang über viele Jahre, junge Mennoniten aus Deutschland und den Niederlanden für ein Workcamp in Polen zu begeistern. Sie renovierten eine polnische Schule in Tiegenhof und den ehemaligen mennonitischen Friedhof in Orlofferfelde. Der MAP kofinanzierte dieses Projekt.

Als weiteres Projekt animierte der MAP, in Zusammenarbeit mit der EU, Schüler eines Gymnasiums in Elbing und auf dem Weierhof, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Geschichte der Mennoniten in ihrer Region zu erforschen. Sie publizierten die Ergebnisse auf Polnisch, Deutsch und Englisch gemeinsam in einem Buch. Zur feierlichen Buchpräsentation in Elbing erschienen der Bürgermeister, der Bischof und der deutsche Konsul aus Danzig. Der MAP spendete der Elbinger Schule einen größeren Betrag zur Deckung der Druckkosten.

Ein weiteres Projekt war die Mitgestaltung einer Ausstellung des Danziger Historischen Museums, „Muzeum Narodowe w Gdansku“, mit dem Thema „Mennoniten in der Weichselniederung – Das gerettete Erbe“. In Zusammenarbeit mit dem Mennonitischen Geschichtsverein brachte der MAP Exponate ein und verfasste Beiträge für den sehr umfangreichen polnischsprachigen Ausstellungskatalog, in dem die Geschichte der Werdermennoniten ausführlich dargestellt ist. An der feierlichen Eröffnung der Ausstellung im Juli 2008 nahm eine Reisegruppe des MAP teil.

Der polnische Klub Nowy Dwor GD/Tiegenhof lädt alle zwei Jahre zu einer sogenannten „Mennonitenkonferenz“ ins Weichseldelta ein. Der MAP nimmt regelmäßig an diesen Treffen teil. Diese Konferenzen stoßen bei der gastgebenden polnischen Bevölkerung auf ein wachsendes Interesse. So beteiligen sich die heutigen Bewohner ehemals mennonitischer Dörfer aktiv an den Begegnungen mit den „Ehemaligen“ anlässlich von Dorffesten und gemeinsamen ökumenischen Gottesdiensten. Dieser Stimmungswandel ist erfreulich und bedarf der Pflege.

Auf Initiative des Vorsitzenden des MAP wurde Boleslaw Klein, Präsident des Klubs Nowy Dwor/Tiegenhof unter großer Anteilnahme der polnischen Bevölkerung und zahlreicher Mennoniten aus Deutschland, den USA und den Niederlanden im Juli 2012 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. B. Klein hat sich über Jahrzehnte um die Förderung der Erinnerung an die 400-jährige mennonitische Präsenz im heutigen Polen verdient gemacht.

Regelmäßig veranstaltet der MAP für seine Mitglieder und Freunde Busreisen nach Polen. Sie bieten Gelegenheit, Kontakte zu polnischen Vereinen, Bürgermeistern, Pastoren und Freunden zu pflegen. Seit November 2013 stehen die ehemaligen mennonitischen Friedhöfe in Polen unter Denkmalsschutz. Der Zerstörung und dem weiteren Verfall von Grabstätten soll dadurch Einhalt geboten werden.

Auf der Mitgliederversammlung des MAP im September 2015 wurden Johann Peter Wiebe zum Vorsitzenden, Eckhardt Klement in den Vorstand und Frank Wiehler in den Beirat gewählt.

Kontakt: Marianne Schamp, Im Kleinen Werder 14, 33818 Leopoldshöhe

https://www.mennonitischerarbeitskreispolen.de/

Frank Wiehler

 
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